Auch wenn die Häufigkeit psychischer Erkrankungen in Deutschland weiter zunimmt, ist das Thema im öffentlichen Diskurs noch immer von Stigmatisierung geprägt. Im ersten Halbjahr 2024 stieg die Zahl der Fehltage im Vergleich zum Vorjahr deutlich an. Nach neuen Zahlen der Krankenkasse DAK haben Arbeitnehmer*innen in Deutschland im ersten Halbjahr 2024 14,3 % mehr Tage wegen psychischer Beschwerden freigenommen als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.
Zudem ergab eine aktuelle Studie der Pronova BKK, dass inzwischen ein Viertel aller Beschäftigten in Deutschland ihr Burnout-Risiko als hoch einstuft. Das sind fast doppelt so viele Menschen wie 2018. Welchen Einfluss darauf hat der Arbeitsplatz, und welche Gegenmaßnahmen gibt es?
Stressfaktoren am Arbeitsplatz
Studien haben mehrere Stressfaktoren ermittelt, die zu diesem beunruhigenden Befund hinsichtlich der psychischen Gesundheit beitragen:
Laut einer Eurobarometer-Umfrage gingen zwischen 11 und 27 % der psychischen Störungen auf Probleme wie begrenzte Autonomie am Arbeitsplatz zurück. Die Aushöhlung von Autonomie und Vertrauen kann die Arbeitsmoral von Beschäftigten erheblich beeinträchtigen und dazu führen, dass sie sich nicht mehr in ihrem eigenen Tempo und auf ihre eigene Weise zu arbeiten trauen.
Im Konzept des „Handlungsspielraums“ spiegelt sich das Bedürfnis von Mitarbeiter*innen wider, ein gewisses Maß an Kontrolle darüber zu haben, wie sie ihre Aufgaben erledigen. Auch wenn sie nicht jede Entscheidung selbst treffen können, trägt ein angemessenes Maß an Freiheit dazu bei, dass sich Beschäftigte vertrauenswürdig und geschätzt fühlen. Dieses Gleichgewicht ist von entscheidender Bedeutung, vor allem wenn es darum geht, die verschiedenen Stressfaktoren am Arbeitsplatz zu bewältigen. Vertrauen ist die Grundlage für psychologische Sicherheit, die ein größeres Engagement, Wohlbefinden und Produktivität fördert.
- Hohe Arbeitsbelastung und das Gefühl, ständig auf Abruf zu sein
Trotz der arbeitnehmerfreundlichsten Arbeitsgesetzgebung in Europa besteht in Deutschland nach wie vor der Druck, ein hohes Produktivitätsniveau zu halten (CE interim). Die größten Herausforderungen, die zum Burnout beitragen, sind eine hohe Arbeitsbelastung und die Erwartung ständiger Verfügbarkeit. Untersuchungen haben ergeben, dass die Qualität der psychischen Gesundheit abnimmt, wenn eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben in der Arbeitskultur keine Rolle spielt. Die unausgesprochene Erwartung, rund um die Uhr verfügbar zu sein, und die scheinbar nie nachlassende Arbeitsmenge zwingen die Beschäftigten, Tag für Tag über ihre Grenzen zu gehen.
In Anbetracht dieser Herausforderungen ist klar, dass viele Arbeitnehmer*innen in Deutschland in einer Arbeitsplatzkultur agieren, die von sinkender Produktivität und einem Klima des Misstrauens und Burnouts geprägt ist. Um diese Probleme anzugehen, muss ein Umfeld geschaffen werden, in dem das Sprechen über psychische Probleme möglich ist. Dazu muss zunächst jedoch die psychische Sicherheit zu einem grundlegenden Aspekt der Arbeitsplatzkultur werden. Indem Unternehmen der psychischen Sicherheit einen hohen Stellenwert einräumen, können sie das Stigma, das die psychische Gesundheit umgibt, wirksam bekämpfen und so das Narrativ ändern – ein wichtiger erster Schritt zur Umsetzung sinnvoller Lösungen, um das Mitarbeiterwohl zu fördern.
- Die Stigmatisierung psychischer Gesundheit
Neben zahlreichen anderen Problemen am Arbeitsplatz stellt das größte Hindernis die Stigmatisierung der psychischen Gesundheit dar. In einer Studie der Psychiatry Research Communications gaben 65,5 % der Befragten an, dass sie sich im Fall einer eigenen psychischen Krankheit zumindest bis zu einem gewissen Grad schämen würden. Die Betroffenen haben also nicht nur mit der Erkrankung an sich zu kämpfen, sondern werden durch das Stigma auch daran gehindert, die benötigte Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Diese Kultur ist nicht zukunftsfähig. Ohne eine offene Diskussion über psychische Gesundheit werden diese Probleme fortbestehen. Das Setzen von Grenzen, das Eintreten für sich selbst und eine klare Kommunikation sind zwar wichtige Strategien, werden aber aus Angst, als schwach wahrgenommen zu werden, nicht in Anspruch genommen. Für ein Umfeld, in dem sich Mitarbeiter*innen sicher fühlen, ihre Probleme zu äußern, ist es daher wichtig, das Bild der psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz zu verändern.
Psychologische Sicherheit und integrative Führungsqualitäten fördern
Um diese Herausforderungen wirksam anzugehen, müssen wir das Stigma der psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz abbauen und eine Kultur des offenen Dialogs pflegen. Dies beginnt mit der Förderung der psychologischen Sicherheit: Beschäftigte sollten sich sicher fühlen, wenn sie ihre Schwächen und Entwicklungsmöglichkeiten thematisieren. Der Schlüssel zu diesem Prozess ist eine integrative Führung, denn sie lebt vor, wie innerhalb des Unternehmens über psychische Gesundheit gesprochen wird.
Workplace Options (WPO), führender Anbieter von Lösungen für das Mitarbeiterwohl und Mitarbeiterengagement, sieht die Förderung der psychischen Gesundheit der Beschäftigten als entscheidend für den Unternehmenserfolg an. Der Schlüssel zur Förderung einer gesunden Arbeitsplatzkultur sind psychologische Sicherheit und integrative Führung.
Psychologische Sicherheit ermöglicht es den Mitarbeiter*innen, ihre Ideen, Fragen und Bedenken zu äußern, ohne negative Konsequenzen befürchten zu müssen, und fördert so eine offene Kommunikation und Kreativität. Eine integrative Führung ist für die Kultivierung dieses Umfelds von entscheidender Bedeutung, da sie die Wahrnehmung und Diskussion über psychische Gesundheit innerhalb des Unternehmens prägt. Führungskräfte, für die Inklusion kein leeres Wort ist, legen Wert auf unterschiedliche Perspektiven und setzen damit einen Standard dafür, wie über psychische Gesundheit am Arbeitsplatz gesprochen wird.
Wenn Sie psychologische Sicherheit und integrative Führung ganz oben auf die Prioritätenliste Ihres Unternehmens setzen, steigt das Mitarbeiterwohl. Beschäftigte müssen sich nicht verstellen, können frei über ihre Probleme sprechen und sich Unterstützung holen. So entsteht eine Unternehmenskultur mit hohem Mitarbeiterengagement, Zufriedenheit und Produktivität.
Betriebliches Eingliederungsmanagement: WPO-Lösungen
Nach einer längeren Krankschreibung wird die Notwendigkeit psychologischer Sicherheit und integrativer Führung für Mitarbeiter*innen noch wichtiger, damit eine reibungslose Wiedereingliederung möglich ist. In Deutschland ist jedes Unternehmen zu einem betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) verpflichtet, das die Rückkehr der Beschäftigten an den Arbeitsplatz unterstützen soll.
In dieser Phase können die Unterstützung und das Verständnis vonseiten der Führungsebene die Wiedereingliederung und das allgemeine Wohlbefinden der Mitarbeiter*in erheblich beeinflussen. Dieses Programm kann zwar eine wertvolle Ressource für die Beschäftigten sein, es kann aber auch von Unternehmen missbraucht werden. Der Prozess umfasst bestimmte, zwischen Unternehmen und Beschäftigten vereinbarte Schritte, und die Nichterfüllung dieser Anforderungen kann ein Kündigungsgrund sein.
WPO kann bei der Stärkung des Vertrauens während der Wiedereingliederung eine entscheidende Rolle spielen, indem es unabhängige Rehabilitationsdienste anbietet, die den BEM-Prozess unterstützen. Dieser externe Support fördert ein positives Umfeld und ermöglicht es Führungskräften, auf Ressourcen wie Psycholog*innen und Wiedereingliederungsexpert*innen zuzugreifen. Solche Ressourcen erleichtern zielführende Gespräche zwischen Beschäftigten, Ärzt*innen und Therapeut*innen. Sie helfen dabei, den Stress am Arbeitsplatz zu bewältigen, und ermutigen gleichzeitig dazu, Grenzen zu setzen und Hilfe zu suchen. Dieser ganzheitliche Ansatz macht Führungskräfte zu wichtigen Mittler*innen und fördert eine konstruktive Arbeitsplatzkultur, in der sich alle wohlfühlen.
Die Umsetzung der WPO-Services kann das Sahnehäubchen für eine erfolgreiche und psychologisch sichere Wiedereingliederung sein. Durch die Optimierung des BEM und die Schaffung eines umfassenderen Unterstützungssystems für alle Beschäftigten können diese Unterstützung finden, sich sicher fühlen und ihre Rolle am Arbeitsplatz erfolgreich ausfüllen, was zu einer höheren Arbeitszufriedenheit, Produktivität und einer widerstandsfähigeren Arbeitsplatzkultur führt.