Obwohl jeder zweite Mann im Laufe seines Lebens an einer psychischen Erkrankung leidet (Quelle: WHO und Statistiken der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung), erhalten nur wenige eine Diagnose oder Behandlung. Dies liegt nicht an einem Mangel an Ressourcen, sondern an der tief verwurzelten Stigmatisierung, die das Suchen nach Hilfe mit „Schwäche“ gleichsetzt. Viele Männer fühlen sich verpflichtet, den gesellschaftlichen Erwartungen gerecht zu werden, die sie als stark, stoisch und unabhängig sehen wollen.
Diese Stigmatisierung führt dazu, dass etwa 40 % der Männer nicht über ihre psychische Gesundheit sprechen. Sie geben an, dass sie „damit klarkommen müssen“ oder „niemandem zur Last fallen wollen“ (Mental Health Foundation). Noch beunruhigender ist, dass viele von ihnen erst bei suizidalen Gedanken überhaupt in Erwägung ziehen würden, Hilfe zu suchen.
Dieses Problem ist besonders gravierend, wenn man bedenkt, dass 75 % der Suizide in Deutschland von Männern begangen werden (Statistisches Bundesamt, 2023). Dies zeigt, dass viele Männer entweder zu spät handeln oder dass selbst suizidale Gedanken oft nicht ausreichen, um sie zu ermutigen, die Stigmatisierung zu überwinden und Hilfe zu suchen.
Historische und kulturelle Hintergründe der Stigmatisierung
Die Stigmatisierung psychischer Gesundheit bei Männern hat tiefe historische Wurzeln. Bereits im Ersten Weltkrieg wurde der sogenannte „Kriegszitterer“ (heute bekannt als posttraumatische Belastungsstörung, PTBS) häufig ignoriert oder tabuisiert. Selbst heute fällt es Veteranen schwer, über psychische Belastungen zu sprechen.
Kulturelle Kontexte verstärken dieses Problem zusätzlich. So fördern Werte wie traditionelle Männlichkeitsbilder in Europa oder der „Machismo“ in lateinamerikanischen Kulturen die Vorstellung, dass Männer ihre Gefühle unterdrücken sollten. In den Medien wird dieses Bild ebenfalls perpetuiert, beispielsweise durch das Ideal des „starken, schweigsamen Mannes“, wie es in klassischen Filmgenres oft dargestellt wird.
Maßnahmen zur Unterstützung der psychischen Gesundheit von Männern am Arbeitsplatz
Unternehmen können eine Schlüsselrolle dabei spielen, Männer zu ermutigen, Hilfe zu suchen und die Stigmatisierung zu durchbrechen. Folgende Ansätze können helfen:
1. Reduzierung der Stigmatisierung: Mitarbeiterschulungen, die dabei helfen, die Anzeichen psychischer Belastungen wie Wut, Reizbarkeit oder Erschöpfung zu erkennen und anzusprechen.
2. Offene Gespräche fördern: Eine Unternehmenskultur schaffen, in der Führungskräfte ihre eigenen Erfahrungen teilen und ehrliche Gespräche über psychische Gesundheit unterstützen.
3. Vielfältige Unterstützungsangebote: Anonyme und niedrigschwellige Angebote, wie Online- oder Telefonberatung, bereitstellen. Dabei sollte auf eine weniger medizinische Sprache geachtet werden, um Männer gezielt anzusprechen.
Durch diese Maßnahmen können Unternehmen dazu beitragen, Männer bei der Überwindung gesellschaftlicher Hürden zu unterstützen und Arbeitsplätze zu schaffen, an denen Authentizität und Verletzlichkeit akzeptiert werden.
Datenquellen
• Jeder zweite Mann erlebt im Laufe seines Lebens eine psychische Erkrankung: Basierend auf WHO-Daten und deutschen Studien zur Prävalenz psychischer Erkrankungen.
• 40 % der Männer sprechen nicht über ihre psychische Gesundheit: Ergebnisse internationaler Umfragen und Studien der Mental Health Foundation.
• 75 % der Suizide betreffen Männer: Zahlen des Statistischen Bundesamtes (2023) und WHO-Berichte zur Suizidprävention.